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Zubehör





Damals waren die Paddler noch braungebrannt und Sicherheitsausrüstung selten ein Thema
Foto: Das Klepper Buch, 1956


Sepp Schächner mit Bootsrucksack, Stab- und Spantentasche, Bootswagen und Klepper-Mantel 1950 in Tirol.
Standardmäßig mitgeführt wurden: Papiere, Karten, Reparaturzeug - Kupferdraht, Isolierband, Holzschrauben, Paragummilösung und Universalwerkzeug - Hammer, Beil, Schraubenzieher, Nägelzieher, Kombizange. Abgewogen wurde die Gesamtausrüstung zwar nie aber sie dürfte ca. 50 kg schwer gewesen sein.

Sicherheitsausrüstung

Zum Thema 'Sicherung in schwerem Wildwasser' schreibt Herbert Rittlinger 1977 folgendes:

'Auf schwerem Wildwasser wird heute (1977) nur noch gepanzert gefahren: mit Tauchanzug und Sturzhelm. Schön sieht so ein Plastik-Monstrum auf dem Kopf nicht aus. Trotzdem gehört es dazu.

Ich selbst habe mich inzwischen zum Sturzhelm bekehrt und setze ihn vor schweren Stellen auch auf - wenn ich ihn nicht vergessen habe. Früher hatte ich nie einen aufgehabt, weder in der Gstatterboden Gefällstufe noch im Wächterschwall und anderen V-er-Stellen.... Damit sind zugleich auch die Gebiete umrissen, auf denen der Plastikhelm seine Berechtigung hat - und wo nur in Ausnahmefällen.

Anders die Rettungsweste: Zwar vergessen wir regelmäßig, die anzulegen - aber mit haben wir sie immer. (Nur reingefallen bin ich immer mit 'ohne'). Auf allen Wildwasserrennen ist sie Vorschrift. Mit Recht. Auch ich erkläre kategorisch: Auf schweres Wildwasser nur mit Rettungsweste! Gewiß unzählige verwegene Fahrten sind auch ohne den Schutz einer Rettungsweste gemacht worden und prächtig gelungen - und die möchte man dann doch nicht nur mit 'gütigen Zufällen', die die Kühnen, aber mangelhaft Ausgerüsteten verschont hätten, erklären wollen. Unser toter Kamerad, den wir nach langer Suche bergen mußten, der im verklemmten Boot unter Wasser nicht mehr aus dern engen Sitzluke herausgekommen war - er hatte seine Schwimmweste umgehabt. Doch in manchen anderen, traurigen Fällen hätte eine Rettungsweste wahrscheinlich das Unglück abwenden können.'



1982, modern ausgestattete Paddlerin (Ilse Entner) mit selbst gebautem Polyester-Boot, Faszl Paddel mit Alukante, Römer-Helm und Grabner-Rippenschwimmweste


Schwimmwesten

'Es gibt ganz einfache Schwimmwesten, die wenig behindern, und die als primärer Schutz ihren Zweck vollauf erfüllen. Sie sind auch am verbreitetsten. Eine größere und teurere - aber meiner Ansicht nach auch die noch immer vollkommenste ist die von Franz von Alber entwickelte und seit 1953 bewährte 'Stehaufweste' mit Kopfabstützung.'



Alber'sche Schwimmweste


Als 'Rettungskörper' werden 1927 Korkschwimmgürtel, von der Baltischen Korkenfabrik in Kiel, und Schwimmringe, von der Schwelmer Gummiwarengesellschaft, angeboten.



Enns 1953, Foto Sepp Schächner


Kentersack

'Der Ende der sechziger Jahre vielgerühmte Kentersack ist umstritten. Es handelt sich um ein schlauchähnliches Gebilde aus nylonverstärktem Planenstoff, das am Süllrand festgemacht und an der Fußstütze befestigt wird. Darin sitzt man. Das Boot wird mit Vakuumwirkung abgeschottet - wenn man sich bei einer Kenterung nicht verwickelt und Luft bzw. Wasser eindringt. Außerdem braucht man auch im günstigsten Fall einige Sekunden mehr zum Aussteigen... Nicht empfehlenswert! Auftriebskörper sind besser.'


Spitzenbeutel

'Spitzenbeutel aus hochwertigem einseitig gummierten Baumwollgewebe, aufblasbar. Sie werden im Vorder- und Hinterschiff verstaut und schützen so das Boot vor dem Wegsacken, falls es wirklich einmal kentern sollte.' (1950er)


Spritzdecke

1952, Klepper Spritzdeckenwerbung



'Spritzdecke zum Verschließen der Sitzluke, bei Regen, bei hohem Wellengang und auf dem Wildwasser. Die Klepper Spritzdeckeverbürgt rasches Anbringen am Boot, unbedingt wasserdichten Sitz und sofortiges automatisches Sichöffnen im Falle des Kenterns. Die Klepper_Spritzdecke ist auch dem größten Wasseransturm gewachsen.'

1927, Spritzdecken ein Bericht von Franz Schulhof

Eine Spritzdecke ist für das Faltboot ein unentbehrliches Zubehörstück.
Es ist nun geradezu unverständlich, dass man beim Bau auch der ausgezeichneten Boote auf diesen so wichtigen Teil anscheinend keinen besonderen Wert legt und Spritzdecken erhält, die allen Anforderungen des Flusswanderers nicht genügen können, ganz zu schweigen von der Lebensgefahr für den Fahrer, der mit einer mangelhaften Spritzdecke fährt.
Was soll eine Spritzdecke leisten? Sie soll erstens verhindern, dass Wasser ins Boot dringt, zweitens soll sie sich schnell lösen lassen, damit man schnell aussteigen kann, drittens muss sie sich flink schließen lassen, was besonders für Wildwasserfahrten gilt, wo oft recht kurz nach dem Einsteigen Stromschnellen, Wehre usw. lauern. Reißfest und wasserdicht sind heute schon fast alle Spritzdecken. (Fluss und Zelt, 1926/27, H7)


Tauchanzug - 'Naßbiber'

'Der Tauchanzug, der natürlich kein Tauchanzug ist, sondern ein Neoprenanzug für Kajakfahrer. Neoprenanzüge wärmen, sind auf und in Schnee- und Gletscherwasser unerläßlich und geben allein einen Auftrieb, der dem einer Schwimmweste (die natürlich noch zusätzlich getragen werden soll) nahe kommt. Wichtig ist, daß er gut sitzt: knapp genug, damit nicht zuviel Wasser einströmt, aber nicht so eng, daß man kaum mehr atmen kann.'


Fangleine

Die Fangleine ist ewig naß, wird ab und zu geworfen, muß immer klar und ohne Turns liegen. Da kann man naturgemäß keine dünne Leine brauchen. Ein übliches Stück Waschseil, und zwar geklöppelt, nicht gedreht, tut ausgezeichnete Dienste. Jedes gedrehte Seil hat beim Naßwerden das Bestreben, sich aufzudrehen und dabei Turns zu bilden. (Quelle: Kanu-Sport, 1929)



1955, Sepp Schächner mit Treidelleine (gewachster Wäscheleine) in Schweden


Bootswagen

'Klepper Bootswagen RR, aus besonders stabilem, leichtem Stahlrohr, mit Schwingachsen, kuge gelagert. Auf ihm können Sie Ihr Boot - zusammengelegt oder aufgebaut - leich, sicher und schnell auch auf den holprigsten Wegen befördern. Die gummibereiften Räder habenbesonders starke Speichen. Der Wagen ist in wenigen Sekunden auseinandergeklappt und wieder zusammengelegt. Gewicht 3,6 kg.' (Klepperprospekt, 1952)





Mit dem Bootswagen zum Einstieg, obere Isar 1953
Foto Sepp Schächner
Sturzhelm/Helm

Die Anschaffung von Amateurtaucherhelmen geht über den Rahmen des auch nur verhältnismäßig Gebräuchlichen schon hinaus und kommt natürlich nur für ganz besondere Zwecke in Frage. (Stephany, 1938) Meine Schwiegermutter, Weltmeisterin im Wildwasserrennsport/Regatta 1971, hat ihren ersten Helm Mitte der 1960er Jahre aufgesetzt. Es war ein Werkshelm einer Chemiefirma. Bis Anfang der 1970er hat es gedauert bis ein Paddelkollege zu einem Helm gefunden hat. Es war ein Eishockeyhelm. Damals muteten Helme exotisch an.



Foto: Ilse Entner 1980er Jahre


Bekleidung im Boot

Für Herren: weißes Ö.K.V. Ruderleibchen rot eingefaßt, kurze schwarze Knieklothhose, Rudermütze oder Südwester. Verboten sind Hüte, farbige Hemden, sichtbare Hosenträger, Sockenhalter und Badeanzüge.
Für Damen: weiße ärmellose Bluse oder Ruderleibchen, schwarze Knieklothhose. (Quelle: Kanu-Sport, 1927)

Der Anzug des Paddlers muss der Jahreszeit angepasst sein. Im Sommer genügt zur kurzen Hose ein Trikot oder Blusenhemd, Rudermütze oder Sonnenhut. In der rauhen Jahreszeit ist ein wollener Jäcker (Seater) am Platze. Das Stilliegen der Füße bedingt im Winter warme Fußbekleidung; gut bewährt haben sich Schuhe aus Strohgeflecht mit dicker Holzsohle. Durch die Bewegung beim Paddeln erwärmet sich der Körper von selbst, und unter der Persenning, der Spritzdecke aus Segeltuch, bildet sich ein gut durchwärmter Luftraum. Gerade Winterfahrten zu Wasser, wenn Rauhfrost die Bäumer und Sträucher mit diamantner Kruste überzogen hat, haben ganz besondere Reize. (Quelle: Curt Donat, Der Kanusport, 1923)



Alfred Heurich mit Hemd und Krawatte,
Erstbefahrer der Isar 1905



1926, 'vorschriftsmäßiges weißes Faltboothemd'



Zusammenlegbares Faltboot mit Leinenüberzug der Firma Johann Klepper und Co. in Rosenheim Obb. (Quelle: Donat, 1923)

Etwas lockerer wurde die Paddel-Bekleidung 1913 gesehen.



Münchner Bootfahrer in ihren 'Ohio'-Faltbooten amerikanischen Ursprungs (Foto: 50 Jahre ICF)


Tragegurte

Tragegurte für das Boot sind besonders bei großen Fahrten auf Flüssen mit vielen Wehren, bei denen die Boote weder geschleust noch mit einem Bootswagen umfahren werden können, wichtige Helfer. Ist es doch schon oft geschehen, daß Boote infolge zu starker Belastung in der Mitte durchgebrochen sind. Mit zwei, allenfalls drei Traggurten wird das Umtragen selbst des schwersten Bootes eine Spielerei. (1938)



Tragesystem 1913


Zubehör - allgemein

Zum Zubehör eines Paddelkanus gehören 1913:
'Paddel, Ausleger, Bootshaken, Sitz und Lehne, Fußbrett, Steuer, Fang- und Treidelleine, Persennig, Anker, Schwamm, Teppich, Laternen, Ausbesserungskasten, Tragegurt oder Räder.'



Zeichnung: Werner Kleinhempel, 1927

"Wenn ich vor einer größeren Paddelreise stehe und die vielen lieblichen Dinge betrachte, die ich 'unbedingt' mitzunehmen habe, sei es das Zelt, der Kochapparat, der Gummimantel, die Decke, Lebensmittel, Wäsche, Rasier- sowie Toilettengegenstände usw. usw., so mußte ich mich manchmal fragen: 'Wo packst du das nur alles und zweckentsprechend hin?' In den Rucksack allein geht es schon kaum noch, da derselbe allein durch die Haut, die Spritzdecke, Sitz- und Rückenkissen, Bodenschutzdecke usw. schon an und für sich 'wohlgenährt' aussieht und man uns mit Recht dann am Bahnhof statt 'Sportmenschen' mit dem weit besser passenden Titel 'Packesel' versieht." (W. Müller, 1927)




Schlafsack oder Decke?


Es zankten sich jüngst in der Ecke
der Schlafsack und die wollne Decke:
'Sie häßliches Sackungeheuer -
doch ich bin graziös und bin teuer!...'
'Sie Kamel - Kamelhaargebilde
ich enthalte Seide: ja, wilde!' --
Ich verpackt' sie: 'ob Wolle ob Seide -
heute abend da brauch' ich euch beide!'

von M.Biristol-Vierzehn, 1929



Werbung von 1926 in Fluss und Zelt




Teil der Ausrüstung von Herbert Rittlinger (1909-1978)



Veranstaltung zum 100. Geburtstag von Herbert Rittlinger 'Aus Seeon um die weite Welt mit Boot und Zelt'
und einer Ausstellung im Kloster Seeon, 16.5.-31.10.2009 (Foto: I.Entner)


Das Verstauen, 1928

Winke für Auslandsfahrer von Walter Remmel

Es war Mitte Juli, als wir, zwei Pionier-Einer, die schöne, wilde Isar hinabfuhren, der Donau zu. Unsere Boote waren schwer beladen, hatten wir doch vor, fünf Wochen auf dem Wasser zu bleiben und so unabhängig zu leben als nur irgend möglich. Selbst bei sehr genügsamen Ansprüchen sammelt sich doch ein sehr ansehnliches Gepäck an und bereitet besonders in den ersten Tagen viel Kopfzerbrechen beim Verstauen. Entgegen manchen Ansichten muß auch in diesem Fall der Bugstauraum belastet werden, da sonst durch den übermäßigen Tiefgang des Heckteiles der leichte Lauf des Bootes sehr stark behindert wird.
Ein kleines Schema mag in groben Umrissen einige Handhaben zum Verstauen des Gepäcks für große Fahrt geben:

Heck: Proviant, Kochzeug, Reparaturzeug, Zeltzubehör, Photomaterial, Apotheke
Bug: Matzratze, Daunendecke, Wäsche, Schirm, Kleider, Schuhe, Ersatzpaddel, Segel
Backbord: Tagebuch, Photo, Bücher, Pistole, Feldflaschen
Steuerbord: Tagesproviant, Eßzeug, Feldstecher, Waschzeug, Südwester, Sturmjacke
Sitz: Zelt

Gesamtgewicht des Gepäcks: rund 50 Kilogramm; eine gewaltige Leistung für ein leichtes Faltboot, ein Prüfstein für die Güte des Bootes. (Fluss und Zelt, 1928/29)






Gebrauchsanweisung: Die zu flickende Stelle trocken reiben, da Wasser die Klebekraft des Pflasters unterbindet. Dann ein erforderliches Stück Pflaster abschneiden und auf die zu flickende Stelle kleben. Die beschädigte Stelle innen und außen flicken.
Germaniaplast empfehle ich 1 mtr. lang und 5 cm breit zu 80 Pfennig, in Apotheken und Drogerien erhältlich. Achten sie genau auf das Wort 'Germaniaplast' keinen Ersatz annehmen.






Quellen: Alfred Korn, 1913, Kanu-Sport, 1927 und 1929,
Heinrich Stephany, 1938, Klepper-Prospekt aus den 1950er, Klepper-Buch, 1956, Herbert Rittlinger, 1977, Fluss und Zelt, 1926
Fotos: Ilse Entner und Sepp Schächner


© Ilse Entner